"Boomtown" Frankfurt – sozialverträgliches Wohnen impossible?

Zusammenfassung der Diskussionsrunde vom 13. Oktober 2014
Boomtown Frankfurt – sozialverträgliches Wohnen impossible? In diesem Themenkomplex diskutierte die Montagsgesellschaft am Montagabend des 13. Oktober 2014 bei Beiten Burkhardt.
Wo Licht, da auch Schatten. Ganz klar – wo es vielen gut geht, da wird es einigen auch immer nicht so gut gehen. Ersichtlich wird dies im Hinblick auf die Wirtschaftsmetropole Frankfurt am Main auf den Wohnraum. Raum, den jeder benötigt, um ein gesellschaftlich akzeptables Leben führen zu können. Aber wie erschwinglich ist es noch, „akzeptables“ Mitglied der Frankfurter Gesellschaft zu sein und was muss die Politik tun, um im Sinne aller zu handeln und die richtigen Wege zu leiten?
Diskutiert wurde unter der Moderation von Herrn Dr. Söhngen, dem Vorstand der Montagsgesellschaft, mit Experten des Gebiets. Hierzu zählten:
Ulrich Caspar, MdL und Wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion
Dr. Thomas Geppert, Geschäftsführer Immobilienverband Bayern
Michael Neitzel, Geschäftsführer InWIS – Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung
Prof. Dr. Nico B. Rottke, Gründer und Leiter des Real Estate Management Institutes (REMI) der EBS Universität für Wirtschaft und Recht und aktueller Präsident des Instituts der Deutschen Immobilienwirtschaft (iddiw)
Eine interessante Perspektive bot die Diskussion nicht nur aufgrund der unterschiedlichen Fachbereiche aus denen die Experten kamen. Auch die Herkunft des Wirkungskreises: Bayern, Bochum, Frankfurt stellte eine gute Voraussetzung für eine weiterführende Diskussionsveranstaltung.
Mehr Einwohner in Frankfurt, mehr Nachfrage, höhere Preise. Pure Marktwirtschaft also. Die Frage ist, wie weit die Schere weiter aufgehen wird und wann der Zusammenbruch kommen könnte bzw. was muss getan werden, dass nicht? Schnell wird deutlich, dass die Zentrierung in Metropolen weiter Bestand haben wird. Prof. Rottke betonte nochmals, dass die Bevölkerungszahl weiter schrumpft, landschaftliche Gebiete bzw. der Bedarf für Wohnraum dort bei derzeitigem Denken und Handeln unserer Gesellschaft weiter zurückgehen wird. Eben bis hin zur Bedeutungslosigkeit. In den nächsten 20 Jahren darf also sehr stark davon ausgegangen werden, dass der Boom in den Städten weiter verstärkt wird und der seit fünf Jahren anhaltende Trend von mehr Menschen in der Stadt als auf den Land zur sicheren Regel wird.
Michael Neitzel sieht die darliegende Entwicklung aber nicht allein in der Demographie. Wirtschaftsstärke sei ohne Wenn und Aber eine essentieller Faktor, der erst dafür sorge, dass eine Konzentration solcher Art stattfinden könne. Wenn dem aber so ist, wie lange überleben die „Ländereien“ dann noch und welche Pflicht hat die Politik mit Blick auf die Zukunft hier schnellstmöglich den „Stecker zu ziehen“ und frei werdende Potentiale in den Metropolen einzusetzen?
Ulrich Caspar gab auch aufgrund seiner langen politischen Erfahrung einen Einblick über die Entwicklung der Frankfurter Stadtteile. Hier wurde deutlich, dass der „Sieg“ der Städte über die „Länder“ – wenn man es so sagen will – nicht von alleine käme. Nicht durch die Arbeitsplätze allein habe sich ein Vorteil für die Städte ergeben. Kultur- und Freizeitangebote, gute auch wenn nicht immer in ausreichender Zahl vorhandene Schulen seien ebenfalls entscheidendes Merkmal.
Nach Bayern: alles Bestens im Primus-Landß Ohne Probleme und Sorgen, auch wenn gerade nicht in München? Dr. Geppert als Vertreter dieser südlichen Region sorgte da schnell für Klarheit. Zwar sei der Erfolg Bayerns auch in der Region außerhalb von München und anderen Städten merkbar, aber man müsse sich natürlich besonders im Falle der Infrastruktur auch um die ländlichen Räume kümmern und keinesfalls als potentiellen Wohnraum aufgeben.
Was muss also getan werden, um auch die regionalen Flächen und Wohnräume zu beleben? Noch mehr die Frage: Wer muss etwas tun? Leicht der Politik den vermeintlichen „Joker“ zu geben, klar ist aber auch, dass Wirtschaft und Private eingreifen müssen, damit eine eventuelle Entlastung in der Stadt und ein Wohnen-Wollen auf dem Land wieder vermehrt auftritt.
Positiv zu bewerten, so Professor Rottke, sei es, dass man in Deutschland keinesfalls von einer Immobilienblase sprechen müsse. Im Verhältnis seien die Grundstückspreise inflationsbereinigt sogar zurückgegangen. Ganz im Gegensatz zu beispielsweise Spanien. Hier seien Preissteigerungen von über 1000% keine Seltenheit. Betont wurde aber auch das Ying & Yang der Situation. Am Beispiel Frankfurt und des Rheingaus beispielsweise müsse man klar herausstellen, dass beide voneinander profitieren – eben weil und vor allem deshalb – das unterschiedliche Stärken und Schwerpunkte für die Menschen geboten werden. Das eine funktioniere also auch und vielleicht gerade aufgrund des Erfolgs des anderen.
Zum Punkt: wie schafft man sozialverträglichen Wohnraum mitten in der Stadt? Was ist die Lösung? Wer das Problem hat, der muss sich des Problems auch annehmen. Das bedeutet am Ende des Tages: es muss mehr gebaut werden, mehr Wohnraum geschaffen werden. Und: die Städte müssen sich diesem Problems stärker, forcierter und konzentrierter annehmen. Aufhören muss, dass eine höhere Rentabilität für Geschäftsbauten als für den privaten Wohnraum existiere. Dann werde auch in die richtigen Felder und damit in neuen Wohnraum für „Stadtmenschen“ investiert. So könne das Grundproblem vielleicht nicht direkt gelöst, aber konstruktiv angegangen werden.
Politik – dein Einsatz: eingreifen oder eben nicht? Ja und Nein. Nicht nur, nicht vor allem, nicht wenig – die Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft, bessere Abstimmung und Übereinstimmung, bessere gemeinsame Zielfindung und schnellere Handhabe seien ein wichtiger Baustein. Alles eben immer in Sinne der Gesellschaft. Die Moral als Basislinie, der sich beide absolut verschreiben müssten. Wichtig in diesem Zusammenhang sei aber vor allen Dingen eine stabile, nachhaltige Rahmenstruktur. Einer Struktur in der man bauen könne und auf welche man aufbauen könne. Die Mietpreisbremse als Mittel und alles gut, sei also mehr Schein als Sein. Denn es sei eine Höchstpreisregelung und beileibe kein Allheilmittel, dass die Lösung für alle, also für Stadt und Land und damit für die Menschen, die dort leben wollen, vielleicht müssen, vor allem aber leben können, bringt.
Zukünftig zu betrachten ist sicherlich, wie eine Förderung bei Bauwillen und Schaffung von neuem oder eben modelliertem Wohnraum unbürokratischer und wirkungsvoller zur Lösung des Problems beitragen kann.
Das war der Abend im Hause Beiten Burkhardt in einer illustren und gutbesuchten Runde der Montagsgesellschaft. Das Themenfeld an sich wird nicht zum letzten Mal seitens der Montagsgesellschaft aufgegriffen um zielführend, fachkundig und engagiert eine Bürgerdiskussion zu initiieren.
Die Montagsgsellschaft dankt herzlich allen Besuchern des Abends, freut sich auf die kommenden Diskussionsrunden mit vielen Interessierten und dankt allen Förderinnen und Fördern, Mitgliedern und Unterstützern ohne welche die Diskussionsrunden mit hochkaratigen Referenten im Rahmen der Vereinsarbeit kaum möglich wären!
Die Einladung zur Diskussion
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde der Montagsgesellschaft,
heute Abend um 19:30 Uhr findet unsere Diskussion mit dem Generalsekretär der CDU Deutschland, Herrn Dr. Peter Tauber statt. Wir werden über die Frage reden, welche Bedeutung Vereine und Parteien für das gesellschaftliche Miteinander haben und wie eine Zukunft aussieht, bei der es immer weniger Engagement innerhalb dieser Organisationen gibt. Es stehen für heute Abend kurzfristig noch ein paar Plätze zur Verfügung. Sie können sich gerne noch anmelden.
Gleichzeitig freuen wir uns, Sie zur nächsten Veranstaltung der Montagsgesellschaft einladen zu dürfen. Diese findet bereits in 14 Tagen statt. Wir widmen dabei wir uns wieder einem regionalen Fokus. Als Folgeveranstaltung unseres Treffens mit dem Bürgermeister und Planungsdezernenten Frankfurts, Herrn Olaf Cunitz, werden wir uns mit der Entwicklung des Wohnraums in Frankfurts beschäftigen.
Es leben allein in Frankfurt leben mittlerweile etwas mehr als 700.000 Menschen. Die Business-Stadt ist der Motor der gesamten Region, die Stadt ist die „Boom-Town“ in der Mitte Deutschlands und Europas. Das immer stärker werdende Bevölkerungswachstum der internationalen Wirtschaftsmetropole Frankfurt hat zahleiche Folgen – gute wie auch durchaus schwer lösbare. Zu den schwierigen Herausforderungen zählt sicherlich die Frage nach bezahlbarem Wohnraum.
Viele Neu-Frankfurter kommen zunächst wegen des Jobs, sie verdienen gut, vielleicht zu gut – denn die Gesetze des Marktes, Angebot und Nachfrage, sind in wohl keinem Bereich so deutlich zu erkennen wie in Fragen des Wohnraums. Mietpreise orientieren sich immer mehr an dem ungebrochenen Bedarf einer Stadt, die jährlich etwa 15.000 zusätzliche Einwohner Willkommen heißt.
Wo wird diese Entwicklung hinführen? Mietpreisbremse, Gentrifizierung, Ghettobildung, stundenlange Pendelstrecken – alles Stichwörter, die in diesem Kontext stehen. Wer werden die Gewinner, wer die Verlierer dieser Entwicklung sein? Welche Aufgaben kann und muss die Politik wahrnehmen, damit sozialverträgliches Wohnen und Leben in der Metropole Frankfurt auch in Zukunft möglich sein wird? Oder muss es Aufgabe der Politik sein, sich aus dem Marktgeschehen herauszuhalten und stattdessen Strukturen zu schaffen, die es den Kräften des Marktes erlauben, sich selbst zu regulieren?
Wir diskutieren mit ausgewiesenen Experten der Materie und Politik zum Thema:
„Boomtown Frankfurt – sozialverträgliches Wohnen impossible?
Die Diskussionsteilnehmer sind:
Ulrich Caspar, MdL und Wohnungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion
Dr. Thomas Geppert, Geschäftsführer Immobilienverband Bayern
Michael Neitzel, Geschäftsführer InWIS – Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung
Prof. Dr. Nico B. Rottke, Gründer und Leiter des Real Estate Management Institutes (REMI) der EBS Universität für Wirtschaft und Recht und aktueller Präsident des Instituts der Deutschen Immobilienwirtschaft (iddiw)
13. Oktober 2014, 17:30 Uhr
BEITEN BURKHARDT / Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Westhafenplatz 1 Westhafen Tower
60327 Frankfurt am Main