Vermögen ist Verantwortung - Was wird aus all dem, wenn ich gehe?

 

Erkenntnisse des Abends

1. Erkenntnis: Unternehmer- und Familienvermögen, Nachfolge- und Stiftungsverantwortung (Roman „Murawaski: Das Erbe, 2016“)

Vermögen ist für Thorsten Klinker einmal eine materielle Sache, zum einen eine immaterielle. Um ein Unternehmens- und Familienvermögen generationenübergreifend fortzuführen, bietet sich die Lösung einer Stiftung an in Zusammenarbeit mit Liechtenstein und der Schweiz. Im Schnitt sind die Vermögensinhaber ca. 55 bis 65 Jahre, in allen 130 beratenden Projekten haben sie ihr Vermögen selbst aufgebaut; nur einmal war ein Lottomillionär dabei, da hat es nicht geklappt. Man müsste gemeinnützige Stiftungen und Familienstiftungen unterscheiden und er rät dazu, beide nicht zu vermischen. Gemeinnützige Stiftungen könnten durch steuerbefreite Spenden unterstützt werden. Gemischte Stiftungen wären z.B.:

1) Eine gemeinnützige Stiftung zu kreieren und 1/3 der Erträge für die Versorgung der Familie bereitzustellen.

2) Eine Familienstiftung zu gründen, damit auch gemeinnützige Projekte unterstützt werden. Würde man eine gemeinnützige Stiftung zu sehr für die Familie nutzen, könnte sie ihre Gemeinnützigkeit verlieren. 

Vermögen bedeutet für Bettina Gerlowski-Zengeler besonders Gesundheit, aber auch Zeit.

Vermögend ist für Julian Will eine Person, die sich ein Unternehmen erfolgreich aufgebaut hat und dann überlegen sollte, wie sie ihre Nachfolge regelt bzw. wie die langfristigen Unternehmensentscheidungen zum Vermögenserhalt aussehen müssen. Neben dem Vermögen spielt dabei auch Macht und Status eine Rolle, der Zeitgedanke häufig erst später. Passiert ungeplant etwas und ist nichts geregelt, kann es zu Notverkäufen und Familienstreitigkeiten kommen. Wenn nichts geregelt ist, bemerkt ein Zuschauer: „die Funktionäre rasieren alles ab“.

Leider ist es so, dass in ca. 50% der Fälle beim Abschied kein Testament bestanden hat.

2. Erkenntnis: GESCHENKTE ZEIT: noch mal zum See oder zu McDonalds? „Die Jungen sterben schneller“ (SZ-Reportage Abschied Rentnerehepaar)

Frau G.-Z. Erzählt von ihren Hospiz-Erfahrungen: In ihr Hospiz kommen Gäste (nicht Patienten) aus ganz Deutschland, ca. 18-20% aus dem Raum Frankfurt im Jahre 2022, und bleiben nach aktuellen Durchschnitt 22 Tage (im Jahr 2022 lag er bei 15 Tage), manchmal länger, manche nur Stunden, und können selbstbestimmt sein. Die Älteren sind sehr abgeklärt. Bei den Jüngeren unter 40 J. Läuft die Zeit: „Die Jungen sterben schneller“, erklärt sie, was einige Schweigesekunden und ein betroffenes Ausatmen des Moderators auslöst. Zu 95% würden Kosten von Krankenkasssen getragen (früher 90%), der Rest – auch hohe Kosten – durch Spenden. Neben den 8 Plätzen gibt es eine Warteliste, in jeder Schicht kann können sich 2 Pflegekräfte um 8 Gästebetten kümmern, eine gute Relation. Hingewiesen wird auf den SZ-Report „Ihr letzter Sommer“ vom 6. 10. 2023 von Thorsten Schmitz, Ronen Steinke und Alessandra Schnellnegtger über das Ehepaar Hannelore und Hubert von Weden – die 4-Ganzseiten-Feuilleton-Reportage liegt dem Verfasser in Printform vor - ,

 https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/sterbehilfe-assistierter-suizid-bundesverfassungsgericht-e296291/?reduced=true

 Das Thema Suizid in Form von „assistierter Suizid“ komme zunehmend im Alltag an. Allerdings habe einmal eine 80jährige Person um Aufnahme ins Hospiz gebeten, obwohl sie nicht eine entsprechende Diagnose habe. Sie suchte lediglich einen Ort zum Sterben. Sie erzählte von 30 Jahren Depressionen. Die Tochter dieser alten Dame kam in das Hospiz in unsere Teambesprechung und sollte dieses Thema und eine andere Form von Leid dem Team erklären. Da die Hälfte des Teams entschied, dies sei kein Grund für die Aufnahme und vor allem nichts mit der Hospizarbeit zu tun hat, musste der Wunsch abgelehnt werden.

 

Karin Schmidt von „Kind im Krankenhaus“ lobt die Arbeit des Hospizes und die Zeit, die man den Gästen schenken würde. Der letzte Wunsch der Gäste sei unterschiedlich: Manche wollen noch mal auf den Feldberg, an den See, einer wollte zu McDonalds, eine weitere die Tochter noch mal sehen usw.

3. Erkenntnis: Nachfolge, Amazonisierung, langfristige untern. Entscheidungsprobleme dank aktueller Politik-Diskussionen

Hat man das Nachfolgeproblem nicht gelöst, könnte es Familienstreitigkeiten und Notverkäufe geben, die Betriebe könnten durch größere geschluckt werden, diesen „Amazonisierungseffekt“ würde Will zuungunsten KMU vermeiden wollen. Manche Unternehmer haben keine Kinder, sind zerstritten oder die Kinder sind unfähig oder unwillig, zudem besteht das Unternehmen aus einem komplexen Geflecht aus Strukturen. Tabu sind häufig Gefühle, darunter die Angst vor falschen Entscheidungen oder verantwortlich dafür zu sein, wenn durch externe Faktoren das Unternehmen leidet. Hier spielt in der Gegenwart die Politik eine große Rolle, weil langfristige Unternehmerentscheidungen vielfach kaum noch möglich sind, was hinter Türen Frustrationen auslöst und auch Überlegungen, Stiftungen und Unternehmensnachfolgen außer Landes zu überlegen. Es sei immer gut, möglichst frühzeitig alles zu regeln – um dann alle 5 bis 10 Jahre sich den Veränderungen zu stellen und dies vielleicht erneut in die Regelungen einfließen zu lassen.

Unsere Gäste:

  • Julian Will, Managing Director, Nachfolgekontor GmbH
  • Bettina Gerlowski-Zengeler, Kaufmännische- sowie Heimleitung, Hospizgemeinschaft Arche Noah Schmitten
  • Thorsten Klinkner, Inhaber, Stiftungskonzepte, UnternehmerKompositionen

Unser Dank geht auch nochmal an das gesamte Team von der Villa Rothschild für die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und Betreuung der Gäste.

Termin
16. Oktober 2023, 19:30 Uhr
Veranstaltungsort
Villa Rothschild
61462 Königstein
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