5 Jahre Brexit: war da was?

5 Jahre Brexit: War da was?
Am 22. September 2025 lud die Montagsgesellschaft in die Villa Sander ein, um fünf Jahre nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU eine Zwischenbilanz zu ziehen. Unter dem Titel „5 Jahre Brexit: War da was?“ diskutierten Expertinnen und Experten die Folgen für Frankfurt Rhein-Main, Deutschland und Großbritannien.
Auf dem Podium:
Nick Jeffcoat, Vorsitzender der Deutsch-Britischen Gesellschaft Rhein-Main
Hubertus Väth, Geschäftsführer Frankfurt Main Finance
Dr. Jürgen Ratzinger, Geschäftsführer International, IHK Frankfurt
Symon Hardy Godl, Chief Investment Officer, DEUTSCHE FINANCE GROUP
Rückblick: Erwartungen und Befürchtungen
Bereits 2016 begleitete die Montagsgesellschaft die Debatte rund um den Brexit. Die Erwartungen waren hoch: Zehntausende neue Jobs für Frankfurt, ein verstärkter Zuzug internationaler Banken, neue Chancen für den Finanzplatz. Zugleich gab es Befürchtungen – von steigenden Mieten bis hin zu wachsender sozialer Belastung.
Fünf Jahre später ist klar: Frankfurt konnte profitieren, doch die Gesamtbilanz ist differenziert.
Frankfurt als Gewinner – aber nicht ohne Verluste
Frankfurt verzeichnete seit dem Brexit rund 9.500 neue Arbeitsplätze im Finanzsektor sowie erhebliche Verlagerungen von Bank-Assets. Besonders Rechenzentren und IT-Infrastruktur haben von der Neuordnung profitiert.
Doch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht überwiegen die Herausforderungen. Die deutschen Exporte nach Großbritannien sind von 89 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 80 Milliarden Euro im Jahr 2024 zurückgegangen. Besonders kleine und mittlere Unternehmen hatten mit neuen Zollformalitäten und aufwendigen Visa-Regelungen zu kämpfen. Viele britische Mittelständler gaben ihr EU-Geschäft auf.
Chancen durch Pragmatismus
Von britischer Seite berichtete Symon Hardy Godl über ein großangelegtes Immobilienprojekt in London. Die Erfahrungen zeigen: Trotz Brexit konnte durch pragmatische Verwaltungsstrukturen und Offenheit ein neues Kultur- und Wirtschaftsquartier entstehen. Dieser Pragmatismus – Probleme anzupacken und Chancen zu nutzen – wurde als Beispiel genannt, von dem auch Frankfurt lernen kann.
Hausaufgaben für Frankfurt
Trotz der Erfolge am Finanzplatz bleibt für die Mainmetropole viel zu tun:
Internationale Schulen müssen ausgebaut werden.
Verwaltungsprozesse – etwa im Ausländeramt – brauchen mehr Effizienz.
Wohnraum, Sicherheit und Infrastruktur sind entscheidend, um internationale Fachkräfte und ihre Familien dauerhaft zu binden.
Nur wenn Frankfurt diese Aufgaben ernst nimmt, können die Chancen aus dem Brexit langfristig genutzt werden.
Ausblick: Die nächste Welle
Neue EU-Regelungen wie CAD6 könnten eine weitere Verlagerung von Vermögenswerten und Arbeitsplätzen nach Kontinentaleuropa bewirken. Frankfurt hat gute Karten – wenn die Stadt die richtigen Rahmenbedingungen schafft.
Fazit des Abends
Der Brexit bleibt ein Verlust – für die EU, für Deutschland und für das Vereinigte Königreich. Frankfurt konnte Chancen nutzen, hat aber gleichzeitig an Momentum verloren. Die Zukunft entscheidet sich daran, ob wir Brücken bauen: zwischen Frankfurt und London, zwischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft.
Die Montagsgesellschaft wird diesen Dialog weiterführen – kritisch, offen und konstruktiv.
22. September 2025, 19:30 Uhr
Villa Sander Satellite Office
Mainzer Landstraße 10
60325 Frankfurt am Main
