Ardi Goldman, Dr. Matthias Müller und Claus Wisser zum Thema: „Altstadtbebauung Frankfurt am Main – Zurück zu den Wurzeln oder hoch hinaus in die Moderne?“

Stadt soll sieben Altstadt-Häuser bauen
Die schwarz-grüne Koalition im Römer hat sich dafür entschieden statt wie bisher geplant vier, sieben Häuser der Frankfurter Altstadt auf dem Dom-Römer-Areal wieder aufzubauen. Das teilten heute Abend Planungspolitiker beider Fraktionen auf einer Altstadt-Diskussion des Journal Frankfurt und der Montagsgesellschaft mit.
Bei der Debatte unter frischer Luft vor dem Technischen Rathaus standen der Immobilienentwickler Ardi Goldman, der Unternehmer Claus Wisser und der Vizepräsident der Frankfurter Industrie- und Handelskammer, Matthias Müller, auf dem Podium. Unter ihnen und unter dem Großteil der etwa 150 Besucher gab es weitgehende Einigkeit darüber, das Technische Rathaus abzureißen und an seiner Stelle die Altstadt wiedererstehen zu lassen. Kontrovers diskutiert wurden aber die Fragen, wer sich für eine Finanzierung des Vorhabens einsetzen wird und ob Altertümlichkeit auch in seiner, nach modernem Ermessen, unpraktischen Kleinteiligkeit rekonstruiert werden soll. Ardi Goldman etwa bezweifelte, dass sich für eine einzig den Ursprungszustand herstellenden Bauweise überhaupt genug Investoren finden würden. Auch die angedachte Mischnutzung von Wohnungen und Gastronomie sah der Immobilienentwickler skeptisch: „Wenn oben jemand wohnt und unten ist werweiß wie lange was los – das wird einfach nicht funktionieren“, so Goldman, der auf der Hanauer Landstraße mit dem Gelände der ehemaligen Union-Brauerei Moderne und alte Baustrukturen miteinander verknüpft hat.
Skepsis über die künftige Nutzung kam auch von Müller, der eine Kleinteiligkeit nicht als zielführend ansah, und von Wisser, der eine Teilnahme an dem Projekt der Altstadt-Neubebauung gleich ausschloss: „Ich bin nicht dabei. Ich trage vor allem Verantwortung für meine Mitarbeiter. Aber es gibt in der Stadt bestimmt Leute aus der Erbengeneration, die bereit sind hier richtig Geld zu investieren.“ Ohne solch freies Kapital werde es wohl nichts werden.
Im Publikum fanden sich auch kritische Stimmen. Einige plädierten dafür, die Bürgerschaft stärker in die Planungen einzubeziehen. Andere wiederum brachten angesichts der hohen Kosten für Abriss und Neubau den Beibehalt des Status quo ins Spiel.
Die Abgeordneten Wolff Holtz (CDU) und Ulrich Baier (Grüne) berichteten von den aktuellen Ergebnissen innerhalb der Koalition. Demnach sollen sieben Häuser von der Stadt selbst wieder errichtet werden. So solle auch ein Zeichen für künftige Investoren gesetzt werden, dass die Stadt es mit der Altstadtbebauung wirklich ernst meine. Über die künftige Nutzung der von der Stadt geplanten Gebäude ist indes noch nicht entschieden. Überhaupt wird es noch einige Jahre dauern, bis mit den Arbeiten begonnen werden kann. Die städtischen Mitarbeiter, die derzeit im Technischen Rathaus arbeiten, soll vor dem Abriss in ein Gebäude umgesiedelt werden, das derzeit noch vom Energieversorger Mainova genutzt wird. Ob die Mainova die Büros rechtzeitig freigibt und ob der Abriss pünktlich beginnen kann, das ist ebenfalls noch nicht sicher. Der politische Wille jedenfalls die Altstadt in der einen oder anderen Form zumindest symbolhaft wieder aufzubauen, scheint ungebrochen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Mi 09. Mai 2007
Rhein-Main-Zeitung, S. 50
„Weniger Fassade – mehr Inhalt“ – Rekonstruktionsgegner und -befürworter bei einer Diskussion zur Neugestaltung der Altstadt
Unzeitgemäßes „Freilichtmuseum“ oder Ort der Identifikation? Moderne Wohnformen oder geschichtsträchtiges Heimatgefühl? Die Gegner und Befürworter eines orgininalgetreuen Wiederaufbaus der Altstadt standen sich auch am Montagabend unversöhnlich gegenüber – allerdings nicht auf, sondern vor dem Podium. Denn die drei Referenten, die auf Einladung der Frankfurter Montagsgesellschaft und des „Journal Frankfurt“ zur Diskussion vor dem „Schirn Café“ zusammengekommen waren, lagen mit ihren Ansichten zur Neugestaltung des Areals zwischen Dom und Römer gar nicht so weit auseinander.
Die Debatte müsse weniger auf die äußere Fassade als auf den Inhalt der zu errichtenden Gebäude gelenkt werden, sagte Mathias Müller, Vorsitzender des Bau- und Immobilienausschusses der Industrie- und Handelskammer Frankfurt. Zwischen dem theoretisch Vorstellbaren und dem praktisch Machbaren bestehe bisher eine Deutungslücke: „Erst wenn klar ist, welche Zielgruppe hier angesprochen werden soll, ist eine seriöse Planung möglich.“ Auch Investor Ardi Goldman sieht die zentrale Frage darin, wie die neu zu gestaltende Fläche genutzt werden soll. Und Claus Wisser, Gründer der Wisag Service Holding GmbH, plädierte vor allem für Besonnenheit: Die Entscheidung über das Herz der Stadt dürfe kein Schnellschuss werden. „Weder Zeit noch Geld sollten bei der Realisation zu leitenden Faktoren werden.“ Die Referenten stimmten darin überein, dass eine Entwicklungsgesellschaft für die Altstadt-Bebauung zu gründen und in einer Satzung festzuschreiben sei, wie und zu welchen Konditionen die Flächen genutzt werden sollten. Auch die Stadt müsse hier in finanzieller Hinsicht Farbe bekennen und von Anfang an dafür einstehen, dass die Altstadt kein Profitgeschäft werden solle, hob Müller hervor.
Einigkeit bestand auch darüber, die Bürger stärker in den Entwicklungsprozess mit einzubeziehen. Nur wie, das blieb unklar. Die Pläne zum orignialgetreuen Nachbau der Altstadt, die der Bauingenieur-Student Dominik Mangelmann vor der Bühne ausgestellt hatte und die verschiedene Bürgerinitiativen wie „Freunde Frankfurts“ oder „Pro Altstadt“ als mögliche Lösungen zur Bebauung bezeichneten, wurden von Rekonstruktionsgegnern heftig kritisiert. Die Grundrisse der Nachbauten entsprächen nicht den heutigen Wohnanforderungen und machten die Grundstücke daher für Käufer unattraktiv, lauteten die Gegenargumente. Der Versuch, alte Gebäude wiederherzustellen, ende zudem meist in Kulissenhaftigkeit.
biad.
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Bilder: Dirk Ostermeier und Harald Schröder
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04. Mai 2007, 22:00 Uhr
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