Internationalität + Vielfalt = wirtschaftliche Prosperität. Erfolgsmodell oder Trugschluss?
Die drei Erkenntnisse des Abends
1. Erkenntnis: Internationales und wirtschaftsstarkes Frankfurt: „World Design Capital“ 2026
Herr Ansgar Roese, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Frankfurt, sagte ab, sodass die Diskussion mit der Internationalität Frankfurts und ihren zahlreichen Vorteilen begann. Im Verlauf des Gesprächs rückte jedoch der Sport, insbesondere der Fußball, in den Mittelpunkt – auch im Zusammenhang mit Bildung, am Beispiel der Privatschule European School. Internationalität und damit Vielfalt auf der einen Seite sowie Sport als Integrationsvehikel auf der anderen Seite waren die beiden Hauptaspekte des Podiums. Es sollte gezeigt werden, dass dadurch die Gesellschaft insgesamt und insbesondere die ökonomische Stärke gefördert werden.
Frankfurt ist eine sehr internationale Stadt mit 192 Nationen. Einige haben hier sogar ihren dritten Wohnsitz. Die Stadt ist „superdivers“, und im Alltag zwischen 10 und 22 Uhr kann man in der Innenstadt alle möglichen Sprachen hören. Der Durchschnitts-Frankfurter spricht drei Sprachen. Eine spontane Umfrage unter den Zuschauern ergab, dass knapp zehn Gäste mindestens zwei Sprachen beherrschen, knapp zehn mindestens drei, einige sogar mehr als drei, vielleicht fünf Personen vier Sprachen, und ganz wenige sogar fünf.
Hessen hat etwa 9 Millionen Einwohner, davon etwa 3 Millionen mit Migrationshintergrund. Deswegen geht man dazu über, nicht mehr von „Migrationshintergrund“, sondern von Bewohnern „mit Migrationsgeschichte“ zu sprechen – dazu gehören auch der Ministerpräsident und der Stellvertreter der ehemaligen schwarz-grünen Koalition. Frankfurt wurde zusammen mit Mainz und Darmstadt zur „World Design Capital“ 2026 gewählt und setzte sich gegen die Milliardärsstadt Riad durch. Manche vergleichen Frankfurt mit „Paris 75“. Außerdem wird auf den „Migrations-Monitor“ hingewiesen.
Es gibt Unterschiede zwischen Nordhessen und Mittelhessen, wo Städte wie Gießen und Marburg mit dem Frankfurter Gallus verglichen werden, und Südhessen. Südhessen mit Frankfurt am Main und seinen drei Nebenflüssen Ruhr, Main und Neckar hat eine starke Industrie. Allein auf den ca. 545 Kilometern des Mains wird in einer Stunde mehr umgesetzt als in manchen ostdeutschen Gebieten. Am Beispiel der Container des Frankfurter Osthafens kann man die Lebendigkeit der ökonomischen Stärke sehen. Im Frankfurter Raum findet man Fintech-Zentralen, Schwerindustrie und international berühmte Kultur. Die Frankfurter Börse wurde bereits 1585 eröffnet.
2. Erkenntnis: Sport: Gemeinschaft, Frieden durch Integration, Lebensfreude, Stärke
Das Thema Fußball und Integration war bereits vor der Europameisterschaft ein Thema bei einem anderen Podium am 3. Juni. Der Soziologe Heitmeyer äußerte sich am 10. Juni in der FAZ zu einem neuen „Sommermärchen“:
Montagsgesellschaft Podium vom 3. Juni:
https://www.montagsgesellschaft.de/veranstaltung/282
Soziologe Heitmeyer in der FAZ vom 10. Juni 2024 über das Sommermärchen Fußball im Interview mit Christian Kamp:
https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball-em/fussball-em-2024-in-deutschland-keine-geloeste-stimmung-wie-2006-19776206.html
Die Fußball-Nationalmannschaft ist sehr international. Der Torschütze und ein weiterer Spieler stammen aus Südkorea, andere Spieler kommen aus Japan. In der Kabine wird Englisch oder auch Portugiesisch gesprochen.
Der Soziologe Habermas erklärte auf persönliche Nachfrage, was er unter „Integration“ versteht. Schon nach dem dritten Satz brachte er Sport als wichtiges Vehikel ins Spiel. Dr. Söhngen erzählte von einem persönlichen Erlebnis mit einem 12-jährigen Jungen aus Kroatien, der in einer Handballmannschaft mitspielte. Obwohl er kaum Deutsch sprach, war er sehr erfolgreich und stieg schließlich zum Teamleader auf.
"Sportstadt Frankfurt", 70-Minuten-Podium vom 10. Juli 2024 über den Breitensport in Frankfurt:
https://www.youtube.com/watch?v=tW77UaJF4oY
Soziale Integration durch Sport, auch für Bedürftige, war die Idee eines weiteren Gastes der Montagsgesellschaft:
https://sozialsport.de/2024/05/10/homeless-euro-2024-hamburg/
3. Erkenntnis: Bildung, soziale Herkunft, Sport und Integration
Die Privatschule Frankfurt International School unterrichtet etwa 1.850 Kinder in Wiesbaden und Oberursel, die aus 60 Nationen stammen. Viele der Eltern arbeiten in internationalen Firmen, sind Expats oder bei Konsulaten tätig. Jährlich kommen mindestens 20 neue Kinder hinzu, und die Klassen werden jedes Jahr neu gemischt. Auch die Mitarbeitenden stammen aus 30 Nationen. Der Abschluss ist das international anerkannte „International Baccalaureate“, das weltweites Studium ermöglicht.
Im Zusammenhang mit der Frage nach Migration und wirtschaftlicher Schwäche warf der Moderator folgende Fragen auf: Wie verhält es sich mit sozialer Herkunft, Migration, Arbeitslosigkeit und AfD-Zustimmung? Es wurde auf das Adorno-Gymnasium in Frankfurt hingewiesen, das einen Migrationsanteil von 100 % und den Ruf einer „Brennpunktschule“ hat, im Vergleich zur Schülerschaft der Privatschule von Herrn Dr. Loebus, deren Eltern finanziell vermutlich besser ausgestattet sind. In der Frankfurt International School stammen etwa 25 % der Schüler aus den USA, etwa 20 % aus Südkorea – da viele südkoreanische Firmenzentralen in der Region ansässig sind – und weitere aus Konsulaten und anderen internationalen Einrichtungen.
In der Schule gibt es bis zur 9. Klasse ein Handyverbot im Unterricht. Der Umgang mit Informationen und Kommunikation sowie der Schutz vor gefährlichen Kontakten über Facebook, Instagram usw. müssen geübt werden. Auch die Lehrkräfte müssen in diesen Bereichen geschult werden. Dennoch nutzt sogar der Schuldirektor „Loom“. Ein breites Sportangebot sowie Theater-AGs sollen die Schüler motivieren, weniger im Internet aktiv zu sein und stattdessen mehr gemeinsam Sport zu treiben.
Als Buch wurde an die Podiumsgäste „Wunder der Wertschätzung: Wie wir andere stark machen und dabei selbst stärker werden“ von Reinhard Haller verschenkt.
Referenten:
- Tim Görner, Chef-Trainer des FSV Frankfurt
- Dr. Homayun Alam, Politik- und Kulturwissenschaftler, Soziologe, Schriftsteller, Filmemacher und Gründer des Instituts für Migration in Frankfurt am Main
- Dr. Constantin Loebus, Frankfurt International School
Wir bedanken uns herzlich für die Kooperation mit dem FSV Frankfurt und die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten.
19. August 2024, 19:30 Uhr
FSV Frankfurt 1899
Richard-Hermann-Platz 1
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